Suche
Close this search box.

Ein Nest für die Nacht

-
Junge Orang-Utans, die in unserer Auffang- und Pflegestation aufwachsen, müssen vieles lernen, damit sie nach ihrer Freilassung im Regenwald überleben können. Zu den wichtigsten und schwierigsten Fähigkeiten gehört das Bauen eines Nestes für die Nacht. In der freien Natur schauen es die Jungen den Müttern ab.

Ein Nest für die Nacht

-
Junge Orang-Utans, die in unserer Auffang- und Pflegestation aufwachsen, müssen vieles lernen, damit sie nach ihrer Freilassung im Regenwald überleben können. Zu den wichtigsten und schwierigsten Fähigkeiten gehört das Bauen eines Nestes für die Nacht. In der freien Natur schauen es die Jungen den Müttern ab.

Jeden Abend findet im Regenwald von Sumatra, dort wo Orang-Utans leben, das gleiche Schauspiel statt. Die erwachsenen Orang-Utans inspizieren einen Baum mit kritischem Blick und suchen den besten Platz für das nächtliches Lager. Es muss hoch oben in den Bäumen sein, damit die Nacht ungestört verläuft.

Links im Bild ein neueres Nest, das rechte Nest wurde vor längerer Zeit benützt.

Das Nest entsteht in einer Astgabel, nahe dem Stamm oder auch wie eine Art Hängematte zwischen Bäumen. Haben die Orang-Utans einmal den passenden Ort und das bequemste Baumaterial gefunden, geht der Rest in wenigen Minuten über die Bühne. Geschickt überlagern und verflechten sie Äste und Blätter, bis eine Art Matratze entsteht. Auch ein Kopfkissen wird geformt und wenn’s regnet möglichst auch ein Dach.

Entdecken Sie das Nest? Es wurde unter einem dichten Blätterdach versteckt gebaut.

Das Nest wird nur für eine Nacht gebaut. Nur selten benutzen andere Orang-Utans ein verlassenes Nest und renovieren es für eine Nacht, denn gebrauchte Nester sind voller Parasiten. In der freien Natur schauen die jungen Orang-Utans ihren Müttern aufmerksam beim Nestbau zu, als wüssten sie, wie wichtig dies für ihr späteres Leben ist. Schon bald beginnen sie selber kleine Blätter-Geflechte herzustellen, so genannte Play-Nests. Diese werden mit der Zeit immer besser, sind aber noch nicht wirklich brauchbar. Bis zum Alter von ca. sieben Jahren bleiben die Kleinen eng bei der Mutter und benutzen auch das gleiche Nest. Spätestens wenn dann ein Geschwister-Tier zur Welt kommt, müssen sie aber ihr eigenes Nest bauen können und benutzen.

Wenn kleine Orang-Utans, weil sie zum Beispiel jahrelang in einem Käfig als illegales Haustier gehalten wurden, diese wichtige Fähigkeit nicht bei ihren Müttern abschauen konnten, muss unser Team vor Ort in der Auffang- und Pflegestation Starthilfe geben. Sheila Kharismadew, Projektkoordinatorin für Forschung und Entwicklung bei unserer Schwesterstiftung YEL, erzählt uns, wie das geht:

«Wenn sie noch relativ jung sind, schauen sie das Nesterbauen von anderen Orang-Utans in der Station ab, aber ältere Teenager machen das nicht mehr. Doch der Drang zum Nestbauen ist den Orang-Utans angeboren. Oft genügt es, wenn man ihnen geeignetes Material zur Verfügung stellt und sie fangen an, das Material zu verbinden.»

Wie sie am besten lernen ist ganz unterschiedlich. «Einige beginnen mit dem Nesterbauen im Gehege, andere schaffen es besser in der Regenwaldschule in den Bäumen. Ein paar ganz Schlaue nehmen einfach ein Nest eines anderen und ändern es nur etwas ab, aber das nützt ihnen am Ende im Regenwald nichts und irgendwann schaffen es alle, ein eigenes Nest zu bauen», so Sheila.

«Das Nesterbauen ist enorm wichtig für das Überleben der Orang-Utans im Regenwald, es kommt gleich nach dem Finden der geeigneten Nahrung. In der freien Natur schauen die kleinen Orang-Utans es ihren Müttern ab. In der Auffang- und Pflegestation zeigen unsere Pflegerinnen und Pfleger, wie es geht oder geben ihnen das geeignete Material. Nester bauen liegt den Orang-Utans im Blut. Alle lernen es irgendwann, manche schneller, manche langsamer.»

Zu früh ins Nest: Orangutan Bulan schützt seine Augen mit Blättern vor der Sonne.
Meine Spende für Umweltbildung, Artenschutz und bedrohte Lebensräume
Freibetrag CHF
Nach oben scrollen