Irrtümer rund um den Rotmilan

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«Gibt es eigentlich immer mehr Rotmilane?» ist eine der häufigsten Fragen, die an Führungen in der Greifvogelstation gestellt werden. Diesen und andere Irrtümer rund um den bei uns häufig sichtbaren Rotmilan wollen wir hier klären.

Irrtümer rund um den Rotmilan

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«Gibt es eigentlich immer mehr Rotmilane?» ist eine der häufigsten Fragen, die an Führungen in der Greifvogelstation gestellt werden. Diesen und andere Irrtümer rund um den bei uns häufig sichtbaren Rotmilan wollen wir hier klären.

Irrtum Nr. 1: «Es gibt viel zu viele Rotmilane!»

Rotmilane konnten ihr Ausbreitungsgebiet im Schweizer Mittelland kontinuierlich ausbauen, das heisst aber nicht, dass ihr Bestand weltweit zugenommen hat. In vielen Regionen Europas ist ihr Vorkommen leider rückläufig und in Grossbritannien läuft sogar ein aufwändiges Wiederansiedlungsprogramm. In der Schweiz hat sich ein Rotmilan-Bestand etabliert, der fast 10% des weltweiten Bestands ausmacht. Das sind erfreuliche Nachrichten, da dieser einheimische Brutvogel Ende des 19. Jahrhunderts beinahe ausgerottet worden war.

Portrait Rotmilan

Irrtum Nr. 2: «Der Rotmilan verdrängt den Mäusebussard, weil es immer mehr davon gibt»

Ein weiterer landläufiger Irrtum ist, dass der Rotmilan den Mäusebussard vertreibt. Für einen gesunden Bestand sind ein ausreichendes Angebot an Nahrung und Brutplätzen essenziell. Die beiden Greifvogelarten benützen jedoch andere Brutplätze und haben ein unterschiedliches Beuteschema und konkurrenzieren sich somit nicht. Weil Rotmilane weniger scheu sind als Mäusebussarde, kann man sie über Siedlungsgebieten öfter beobachten als die Mäusebussarde. Ausserdem ernährt sich der Rotmilan von Insekten und Aas und ist deshalb ganztags immer auf der Suche nach Nahrung. Auch ist er mit seinem leuchtend orangen Gefieder sehr auffällig und wird auf seinen vielen Suchflügen häufiger wahrgenommen. Subjektiv wird der Rotmilan also deutlich häufiger gesehen als der Mäusebussard. Der Mäusebussard ist jedoch mit Abstand zahlreicher als der Rotmilan und sogar der häufigste Greifvogel der Schweiz.

Häufig wird der Rotmilan am Himmel auch einfach mit dem Mäusebussard verwechselt.

Anzahl Brutpaare in der Schweiz:
• Mäusebussard: 15’000 – 20’000
• Rotmilan: 2’800 – 3’500
• Schwarzmilan: 2’000 – 3’000

Irrtum Nr. 3: «Der Rotmilan ist ein grosser Jäger»

Gemessen an seiner Flügelspannweite ist der Rotmilan der viertgrösste tagaktive Greifvogel der Schweiz. Grösser sind nur Schlangenadler, Steinadler und Bartgeier. Die Körpergrösse hat übrigens eher selten mit der Beutegrösse zu tun. Der Rotmilan benötigt vielmehr längere und grössere Flügel für energiesparendes Segelfliegen. Er muss lange fliegen können, um genug Insekten für seinen täglichen Nahrungsbedarf zu sammeln. Grössere Beutetiere wie Feldhasen interessieren ihn nicht, allenfalls ist mal eine Maus darunter.

Der Rotmilan ernährt sich hauptsächlich von Insekten und Aas.

Irrtum Nr. 4: «Der Rotmilan hat kein Zugverhalten mehr»

Die erwachsenen Tiere sind von Natur aus Teilzieher, ziehen also nur in den Süden, wenn die Nahrung hier knapp wird. Sie versuchen möglichst nahe in ihrem bevorzugten Brutgebiet zu überwintern. Wegen der immer wärmer werdenden Winter und durch Zufütterung finden adulte Tiere mehr Nahrung und können deshalb länger im zukünftigen Brutgebiet auszuharren. Untersuchungen zeigen, dass Jungtiere «fahrplanmässig» in ihr Überwinterungsgebiet nach Spanien ziehen. Das folgende Video, das die Vogelwarte Sempach veröffentlich hat, zeigt das Zugverhalten des Rotmilans anhand von GPS-gechipten Jungvögeln.

Video «Zugverhalten junger Rotmilane», Vogelwarte Sempach

Irrtum Nr. 5: «Der Rotmilan ist den (Raben-)Krähen gegenüber hilflos ausgesetzt»

Manchmal kann man Rabenkrähen beobachten, die Rotmilane verfolgen. Dieser fliegt stark mit den Flügeln rudernd und unter lautem Rufen davon, bis die Krähen sich von ihm abwenden. Krähen sind sehr reviertreu und vertreiben Besucher aller Art. Fliegen Rotmilane in das Revier ein, teilen sie das dem Rotmilan auf ihre Weise mit. Trägt der Rotmilan zudem Futter, lässt er es manchmal im Gerangel fallen und liefert der Krähe unfreiwillig Nahrung. Sollten Krähen sich jedoch dem Brutplatz eines Rotmilans näherkommen, wird er sie ebenso entschieden vertreiben.

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