Aus dem Alltag eines Architektur-Zivis im Orangutan Haven

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Alan Pülz hat vor Kurzem seinen viermonatigen Zivildiensteinsatz für PanEco in Indonesien beendet. Der junge Architekt erstellte für den «Orangutan Haven» diverse Baupläne und Entwürfe für kleinere und grössere Bauprojekte, die dort anstehen. Lesen Sie, wie ein typischer Einsatztag für ihn ausgesehen hat.

Aus dem Alltag eines Architektur-Zivis im Orangutan Haven

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Alan Pülz hat vor Kurzem seinen viermonatigen Zivildiensteinsatz für PanEco in Indonesien beendet. Der junge Architekt erstellte für den «Orangutan Haven» diverse Baupläne und Entwürfe für kleinere und grössere Bauprojekte, die dort anstehen. Lesen Sie, wie ein typischer Einsatztag für ihn ausgesehen hat.

Von Alan Tsubasa Pülz

«Mein Tag beginnt damit, dass ich mich vom Gemeinschaftshaus in Medan zu Fuss auf den Weg mache. Während meines rund 4-monatigen Auslandeinsatzes auf Sumatra wohne ich hier mit Gilbert, meinem Arbeitskollegen. Alle paar Wochen sind auch Ben, Biologe und Orang-Utan-Forscher, und Mire vom Marketing-Team für einige Tage im Haus. Auf meinem kurzen Spaziergang durch die Nachbarschaft gehe ich an mehreren Warungs vorbei, jenen kleinen Café- und Imbissständen, von denen es in Medan nur so wimmelt. Ich erreiche die Ring Road und bestelle mir ein «Grab-Taxi» oder Motorrad, das mich ins Büro der Stiftung YEL (Yayasan Ekosistem Lestari) bringt. Anfangs hatte ich noch Respekt vor dem chaotischen Verkehr der Stadt, mittlerweile habe ich mich gut daran gewöhnt. Die Fahrt dauert etwa zehn Minuten und gibt mir Zeit, langsam wach zu werden.

Im Büro angekommen, begrüsse ich die anderen Mitarbeitenden. YEL ist die Partnerorganisation von PanEco, für die ich während meines Zivildiensteinsatzes arbeite. Ich nutze die Gelegenheit meist, um mich bei einem Kaffee mit meinen Kolleg:innen auszutauschen. Nachdem wir uns kurz organisiert haben, geht es mit Irwin, einem der Fahrer von YEL, mit einem Minibus los in Richtung Orangutan Haven, meinem Arbeitsort während meinem Einsatz. Oft fahren auch andere Mitarbeitende mit, etwa vom Veterinär- oder Education-Team, und ich nutze die etwa 45-minütige Fahrt, um Bahasa Indonesisch-Vokabeln zu lernen oder um mich mit den anderen zu unterhalten. Ich erfahre dadurch viel Spannendes über die Arbeit von YEL, zum Beispiel über die Orang-Utan-Auswilderungsstationen. Manchmal hat Irwin noch Besorgungen auf dem Weg zu erledigen – Obst für die Orang-Utans oder sonstige Bestellungen – und ich entdecke dabei immer wieder neue, versteckte Ecken der Stadt. Nach und nach habe ich mir die Route zum Haven eingeprägt: es geht vorbei an kleinen Dörfern, Regenwald und Plantagen, immer entlang der Hauptstrasse in Richtung Berastagi. Bevor wir den Haven erreichen, holen wir fast täglich Mittagessen in einem Rumah Makan, einem kleinen lokalen Restaurant, und mittlerweile kann ich mich mit dem freundlichen Personal einigermassen auf Indonesisch verständigen.

Mitarbeiter:innen vom Haven-Team posieren vor der Bambusbrücke, dem Arbeitsort von Alan während seines Einsatzes.

Im Haven angekommen, beginnt meine Arbeit im Architekturteam, bestehend aus Gilbert, der für die Bauleitung zuständig ist, Jhon, einem lokalen Architekten und Projektleiter, und Immanuel, einem talentierten Zeichner. Unser Arbeitsplatz befindet sich im Ticketing Office, einem eleganten Bambusbau, der von Jhon entworfen wurde. Von hier aus haben wir einen Blick auf die Bambusbrücke, das Eingangstor zum Haven, sowie die sich in Bau befindliche Toilettenanlage «Unit 3» und die Bambuswerkstatt, wo der Bambus für die Bauprojekte vorbereitet wird. Die Bauweise im Haven basiert auf einem nachhaltigen Konzept, das auf Bambus und Stampflehm setzt – beides biobasierte Materialien, die lokal verfügbar und umweltfreundlich sind. Bambus ist ein vielseitiges Baumaterial, das nicht nur extrem schnell nachwächst, sondern auch durch seine Flexibilität und Festigkeit überzeugt. Der geringe CO2-Fussabdruck dieser Materialien ist essentiell für das Ziel, umweltschonende Bauprojekte im Haven zu realisieren.

Direkt vor Ort werden die Bambusschindeln für die Dachkonstruktion hergestellt.

Momentan arbeiten wir an den Bauplänen für die Kaffeerösterei, die Teil des zukünftigen Restaurants im Haven sein wird. Meine Aufgaben umfassen unter anderem die Erstellung technischer Zeichnungen für das Fundament und Stützendetails sowie die Ausarbeitung verschiedener Varianten der Bambusdachkonstruktion in der 3D-Modellierungssoftware Rhino. Daneben arbeite ich auch an kleineren Projekten wie dem Entwurf eines Ticketing-Gates oder einer Vitrine für Verkaufsartikel aus Bambus.

Entwürfe wie hier für das Ticketing-Gate erstellt Alan mit der 3D-Modellierungssoftware Rhino.

Die Arbeit ist abwechslungsreich und macht mir grossen Spass – ich lerne jeden Tag dazu, besonders über den Umgang mit Bambus und seine speziellen Eigenschaften. Regelmässig besuche ich die Baustellen und lege auch gelegentlich selbst Hand an. Der direkte Kontakt zu den Handwerker:innen ist etwas, das ich hier sehr schätze. Die Zusammenarbeit mit ihnen ist unkompliziert und herzlich, und ich kann dadurch viel über die Verarbeitung der Baumaterialien lernen. Der Bau der Toilettenanlage «Unit 3» ist fast abgeschlossen, und die Baufortschritte bei der Kompostieranlage der Eco-Farm sind ebenfalls spannend zu beobachten. Zurzeit wird dort am Schindeldach gearbeitet, dessen Hauptstruktur aus gebogenen Bambusträgern besteht. Für mich ist es dabei beeindruckend zu sehen, wie sich die Ideen und technischen Zeichnungen, an denen wir arbeiten, Stück für Stück in die Realität umsetzen.

Der Bau der Kompostieranlage – auch sie mit einem Bambusdach konstruiert – ist schon weit fortgeschritten.

Zum Mittagessen setzen wir uns meist auf die Brücke, um gemeinsam zu essen und die Aussicht auf den Fluss zu geniessen. Nachmittags kommen häufig Besuchende in den Haven, denen wir bei Führungen die Bambuswerkstatt und das architektonische Konzept des nachhaltigen Bauens näherbringen. Es macht mir grossen Spass, bei diesen Führungen dabei zu sein, Fragen zu beantworten und manchmal auch beim Übersetzen zu helfen. An einigen Tagen habe ich sogar Gelegenheit, die Orang-Utans auf ihren Inseln zu sehen, die sich im Innern des Havens befinden. Der Nachmittag vergeht meist wie im Flug und nach einem ereignisreichen Tag im Haven geht es wieder mit Irwin und den anderen zurück nach Medan.

Mittagessen auf der Bambusbrücke. v.l.n.r. Jhon, Toni, Immanuel, Dimas und Alan.

Manchmal überrascht uns dabei ein plötzlicher Regenschauer, der die Luft angenehm abkühlt. Zurück im Büro von YEL nehme ich entweder ein Taxi, um nach Hause zu kommen, oder ich treffe mich mit Freund:innen, die ich in Medan kennengelernt habe. Mittlerweile habe ich mich in der Stadt gut eingelebt. Die Menschen, denen ich hier begegne, sind offen und freundlich, und ich werde oft auf der Strasse angesprochen. Dadurch bekomme ich tolle Einblicke in die lokale Kultur und das Leben in Medan. Ich durfte schon bei Hochzeiten und Beerdigungen dabei sein oder wurde von Familien zum Essen eingeladen. Diese Erlebnisse sind für mich unglaublich wertvoll und zeigen, wie bereichernd kultureller Austausch ist – auch bei der Arbeit im Haven. Nach einem langen Tag voller neuer Erfahrungen und Eindrücke falle ich schliesslich abends ins Bett – begleitet von den lauten Klängen der Karaoke singenden Nachbarn.»

Meine Spende für Umweltbildung, Artenschutz und bedrohte Lebensräume
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